Balkis
Die schwarze Gazette
Ausgabe 78 vom 31.01.2003
 
Reisebericht
 
Die Schlacht um Skara Brae (2)
 

 
Die schwarze Gazette: Reisebericht

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Die Schlacht um Skara Brae
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Ein Tatsachenbericht aus vorderster Front

Kapitel 2 - Der große Ozean

Ich bereue meine Entscheidung. Die Reise erscheint endlos. Die Mannschaft ist muffig und man macht mir gegenüber Andeutungen wie leicht es sei über Bord zu fallen. Schreiberlinge scheinen an Bord wenig willkommen, einige haben wohl Sorge in den Berichten schlecht weg zu kommen. Instinktiv klammere ich mich an Mast und Reling.

Wo bin ich hier nur rein geraten? Diese Süßwassermatrosen brüllen wild Befehle durcheinander. Einer kommt mir vor als wäre er sturz betrunken, ein anderer - ich glaube sein Name ist Melaron, angelt unentwegt. Dabei begrüßt er jeden gefangenen Fisch mit den Worten: "Jetzt hab ich dich, jetzt freß ich dich!" Meist folgt dem Satz noch ein irres Lachen. Die Katuris sitzen im Boot nebenan an einem Lagerfeuer und grölen "17 Mann auf des toten Mannes Kiste..." Zwei Schiffe kollidieren um ein Haar, weil sich ihre Steuermänner nicht einigen können ob "Backbord" nun mehr links oder mehr rechts sei.

Plötzlich ruft jemand: "Seht an Backbord - eine Meerjungfrau!" Das Schiff neigt sich bedrohlich zur Seite als die weibsgeilen Tölpel alle auf einmal über die Reling schmachten. Und schon passiert es: Mit einem leichten "glitsch" und dafür heftigerem "Plumps!" geht unser Kapitän und Steuermann Alrik Ilgur über Bord.
Man braucht nicht besonders helle zu sein um an den betretenen Gesichtern abzulesen, dass soeben der einzige See- und Steuermann auf unserem Seelenverkäufer über Bord ging.

Ratlose Stille!

Ich sehe mich schon als Fischfutter enden als eine prustende Stimme aus dem Wasser ruft: "Werft den Anker! Rasch, Ihr müsst den Anker werfen!"
Alrik Ilgur ruft uns aus dem Wasser seine letzten Befehle zu bevor er in den Fluten versinkt. "Meint er das Teil?" fragt jemand und hält einen Sextanten hoch. Zum Glück muss Alrik das nicht mehr mit ansehen. Ich nehme meinen Hut vor die Brust, blicke auf die leere Stelle im Wasser und hauche ein Lebewohl: Kapitän und Ratten zuerst - oder so ähnlich heißt es.

Eine Wolke schiebt sich vor den Mond und es wird zappenduster. Unser Schiff dümpelt führungs- und orientierungslos dahin und wir mit ihm. Die anderen Schiffe sind schon lange außer Sicht -

Wir sind allein...

Einer setzt sich hin und stimmt den Totengesang an. Ich hoffe immer noch auf ein Wunder. Gegen Mitternacht sehe ich es! Ein Licht! Alle schöpfen neue Hoffnung. Jeder schnappt sich irgendetwas zum Rudern und wir halten auf das Licht zu. Mein Nachbar wirft mir einen bösen Blick zu und raunzt mich an ob ich nichts Besseres als eine Gabel zum rudern hätte. Ich lasse mich nicht beirren und rudere aus Leibeskräften um mein Leben.

Wir erreichen das Licht. Es ist das Schiff der Katuris. Ihr Lagerfeuer hat uns den Weg gewiesen. Ich bin erleichtert. Wir sind dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen. Erschöpft lege ich mich schlafen. Damit ich nicht versehentlich über Bord falle, nehme ich ein langes herumliegendes Tau, an dessen einem Ende eine große Winde und ein noch größeres Stück Eisen am andern Ende hängt und binde mich daran fest.

Jetzt kann mir nichts mehr passieren...

(wird fortgesetzt)

 

 
 
31.01.2003 - 14:02Kontakt: redaktion@die-schwarze-gazette.de
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