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Die schwarze Gazette Ausgabe 113 vom 05.10.2008 |
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Extrablatt | ||
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Der Spitzel des Hohen Rats | ![]() |
Die schwarze Gazette: Extrablatt Der Spitzel des Hohen Rats ------------------------------------- Yggdrasill, du Seele in Raum und Zeit, du Stadt der Gräser und Auen. Yggdrasill, du Stadt der Stille. Lauschen wir für einen kurzen Moment dem Gesang der Vögel und dem lieblichen Raunen der Blätter im Herbst... "Ich blute, ogottogott ich blute!" Welch Disharmonie störte da am gestrigen Abend die Gestade der Stadt? Der erbärmliche Jammerlappen mit dem ängstlichen Zittern in der Stimme war kein geringerer als Shylock, ein Stadtbekannter Säufer, Denunziant und Spitzel des Hohen Rats. "Jammert nicht, was lauft ihr auch in den Ork rein und was hattet ihr eigentlich mitten im Unterholz zu suchen?", betont besorgt besah sich Marioette, eine junge Kriegerin, den kleinen Kratzer an der Handfläche des wimmernden Opfers. "Ich brauch einen Heiler", keuchte der weinerliche Knecht, "Und ich war im Dickicht weil ich mich auf den Wegen nicht mehr trauen tu, Da lauern die Herren Thordin und Skelfir. Die wollen und werden mich vierteilen wegen dem kleinen Missverständnis beim Hohen Rat!" "Na das besorgt jetzt der Ork. Lauft!", die junge Kriegerin packte das heulende Bündel gerade noch rechtzeitig. Mit Müh' und Not erreichten sie die Gegend vor Yggdrasill, noch immer den Tod im Nacken. Man sah den Ork nicht, doch die Wipfel der Bäume schaukelten entlang seines Weges und so konnte man ihn bereits gut von weitem erkennen. Die Miene der Kriegerin verfinsterte sich. Bis zur Stadt gab es nur freies Feld. Der Ork war gleich da und auf der Wiese hatte er sie im nu eingeholt. "Gibt es hier ein Problem?", die Stimme lies Shylock das Blut zu Eis gefrieren. Diese Stimme kannte er nur zu gut. Sofort machte der Saufbold auf dem Absatz kehrt und wollte Richtigung Ork laufen. "Wo wollt ihr denn hin?", rief Marioette, wobei die Frage gleichzeitig dem Fremden und Shylock galt. Letzteren hielt sie gerade noch am Umhang fest bevor dieser ins Verderben laufen konnte. "Ich geh lieber zum Ork, da ist es sicherer!", stotterte der Spion des Rates, während seine Augen in ängstlicher Verzweiflung an dem Neuankömmling hafteten. "Lauft Richtung Stadt, ich halte ihn auf!", sagte der Fremde knapp und war auch schon im Unterholz Richtung Ork verschwunden. "Ja geht nur", rief Shylock hoffend hinterher, "es ist nur ein ganz kleiner Ork, ein Orkkind gar, das hätten wir schon längst erledigt wenn ich nicht so schwer verletzt wäre und..." "Ja spinnt Ihr?", unterbrach ihn Marioette, "Das ist der größte Ork der..." "Still!", unterbrach nunmehr Shylock, "Das ist der Herr Skelfir, ihr wisst schon der mit kssssssst", dabei machte er eine knappe Handbewegung an seiner Kehle vorbei. "Trotzdem, so geht das ja nicht, ich muss ihm nach und helfen. Lauft alleine zur Stadt, sicher findet ihr dort auch einen Heiler für Euer Blutbläschen", ihre Worte verhallten ungehört, der Feigling war längst, so schnell seine Füße laufen konnten, in Richtung Stadttor unterwegs. Sofort machte er sich auf die Suche nach einem Heiler. Doch wie zum Geier sah denn das Haus eines Heilers aus? Er, der immer nur in Bars und Kneipen ein und aus ging sah sich hoffnungslos überfordert. Panisch stürmte er in das nächstbeste Haus und rief nach einem Heiler. Der Mann hinter der Bar musterte den Eindringling und sagte in ruhigen Ton: "Hier gibts keine Heiltränke, nur Rum und Ale. Der Heiler ist schräg gegenüber..." Noch bevor der Wirt seinen Satz vollendete rannte der Schwerstverletzte bereits über die Straße in das nächste Haus. "Ich verblute, heilt mich!", der Wirt am Zapfhahn musterte ihn ärgerlich und sagte: "Der Heiler ist die Straße runter neben...". Schon war er wieder unterwegs... Im nächsten Haus packte der Schankwirt den lästigen Frager kurzerhand am Kragen und warf ihn vor die Tür. Draußen, die Nase im Staub liegend, rappelte sich der alte Säufer auf die Knie, erhob bittend die Hände zum Himmel und rief: "Ihr Götter habt erbarmen, ganz Yggdrasill besteht aus Kneipen! Welch ein Fluch lastet auf mir? Nie wieder rühr ich einen Tropfen an, nur bitte bitte man zeige mir einen Heiler!" Wütend kam der Schankwirt zurück, welcher ihn gerade so unsanft aus der Tür befördert hatte: "Himmel du versoffenes Loch! Da ist der Heiler! Du musst nur drei Schritte geradeaus gehen können und nicht ständig im Kreis torkeln. Wehe Du kommst noch ein viertes mal und vergrämst mir die Gäste mit deinem Geschrei!" Glücklich begab sich Shylock in Richtung Heiler. Doch sein langer langer Weg führte ihn an einen Marktstand vorbei, sodass er kurz rasten musste. Mit leuchtenden Augen besah er die Auslagen von Mirtel der Marktfrau. All die schönen Flaschen und Fässer. Und als ihm der Duft von frisch gebrautem Bier in die Nase stieg, da fühlte er sich geheilt und... "Jetzt zu uns beiden, du Ratte!", jäh wurde er wieder in die Wirklichkeit zurück gerufen. Die unangenehme Stimme gehörte Skelfir, welcher ihm gnadenlos von hinten die Hand auf die Schulter legte. An seinem Gürtel baumelte der Kopf des Orks. "Oh ihr seid es Sir Toni, schön euch zu sehen...", bei diesen Worten drehte sich der alte Säufer dermaßen ruckartig um, dass seine Nase so unglücklich, die Faust des Orkschlächters streifte, dass es Shylock aus den Stiefeln hob. "Du hast mich beim Rat denunziert, Kellerassel! Deinetwegen wurde ich fast umgebracht!", zornig stemmte Skelfir die Fäuste in die Hüfte damit der Ungeschickte sich nicht noch einmal ein Leids tat. "Sire, ich bin ja so froh das es Euch gut geht", jauchzte der Getroffene, dabei sprang er so unglückselig nach vorne zu seinem Gönner, dass dessen Stiefel unweigerlich in seiner Magengrube landen musste. "Ihr versteht das völlig falsch", röchelte der Zusammengekrümmte, "ihr seid noch am Leben gerade weil ich für euch ausgesagt habe. Der Rat...", vor lauter Eifer seinen Kumpel Skelfir die wahren Hintergründe erzählen zu können, wackelte der Lädierte so heftig mit dem Kopf, das sein Gesicht mehrmals auf Skelfirs Schwertknauf aufschlug. "Schwätzer", fauchte Skelfir, "elender Verräter! Diesmal kommst du nicht davon. Wegen dir kann ich mich im ganzen Reich nicht mehr blicken lassen..." "Seht ihr, durch mich seid ihr berühmt geworden", schluchzte der Ungeschickte, "alle Welt kennt nun den Namen Skelfir, ohne mich währt ihr ein Nichts!" "Auch noch frech werden, du Hund!?", aus gegebenen Anlass, erhob Skelfir bei diesem Satz seine Stimme so laut, das mehrere Schallwellen so heftig auf den saufenden Seemann einprasselten, dass dieser zu Boden ging und sich nicht mehr rührte. Da war der Orktöter dann doch sehr erschrocken als er den Bewußtlosen so liegen sah: "Herrschafts", fluchte er leise, "und hinterher bin ichs wieder gewesen. Was mach ich jetzt nur? Der liegt da so unmotiviert rum?" "Mörder!", ertönte es da schon hinter ihm. Marioette, die sich nach dem Kampf mit dem Ork erst noch ein wenig frisch machen muste, kam gerade rechtzeitig um Skelfir in seinen Selbstzweifeln zu unterbrechen. "Ah', mon ami Mademoiselle, das war isch doch gar nischt, aberrrr ehrrrrlisch! Gomm schau mirrr in die Guggerchen Kleine, gönnen diese Augen lügen?", Skelfir, ein Mann mit Stiefeln, den Degen in der Hand, mit großem Hut und noch größeren Kulleraugen, sah Marioette schnurrend an. "Hmm, was mache me jetzt?", antwortet diese sichtlich irritiert während ihr Herz für unseren schuldlosen Helden dahinschmolz. Da schaltete sich Mirtel die Marktfrau ein und sprach: "Bevor das jetzt in einer Knutscherei endet, nehmt den alten Sack und steckt ihn da rein, dann kann er draußen vor der Stadt seinen Rausch ausschlafen!" Und so wurde Shylock, ein abgehalftertes verkommenes Subjekt, ein Trunkenbold, Tagedieb und ein persönlicher Spitzel für die machtbesessene Rätin Kristina Gilmore, wie eine räudige Katze in einem alten Sack aus dem schönen Yggdrasill hinausgezerrt. Die Stadt war wieder sauber, ein paar Vöglein zwitscherten in den Zweigen und erfreuten sich an der untergehenden Sonne. Am nächsten Morgen im kleinen Hafen von Yggdrasills, am Ende des Steges, lag ein mannsgroßer verschnürter Sack der sich langsam und verkatert zu bewegen anfing. Noch bevor der neugierige Leser erfahren konnte wer darin verborgen war, plumste der Sack von der Kante des Steges ins Wasser und versank... Wie ungeschickt... gez. Die Untergrundbewegung "Freiheit für Britain" Impressum: www.die-schwarze-gazette.de/archiv_gazette.html redaktion@die-schwarze-gazette.de |
05.10.2008 - 23:34 | Kontakt: redaktion@die-schwarze-gazette.de |
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